Zu meiner Ausstellung mit Galerie Esfandiary in Lüneburg erschien ein Interview, das der Fotograf Matthias Mensch mit mir geführt hat.

Dieses Interview wird hier in voller Länge und unverändert wiedergegeben:

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STEPHANIE HÜLLMANN

Die Künstlerin Stephanie Hüllmann, Jahrgang 1965, ist in Göttingen aufgewachsen. Viele Jahre im außereuropäischen Ausland, insbesondere Japan, haben sie und ihre Kunst tief geprägt. Seit 2015 lebt sie in Winsen/Luhe, wo sie auch ihr Atelier hat.

Darüber hinaus ist sie landesweit im Bereich der Erwachsenenbildung tätig und gibt auch innovative Kurse, in denen sie zum Beispiel Kunst mit Sprachen oder interkulturellen Ansätzen verknüpft.

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Können Sie Ihren Stil einordnen?
Ein Teil meiner Werke ist sicherlich dem Minimalismus zuzuordnen, andere Teile können aber nur schwerlich in eine klare Kunstrichtung eingeordnet werden.

Können Sie Ihre Technik beschreiben?
Ich arbeite vorrangig in der Technik der Assemblage. Das heißt, dass ich Dinge auf Leinwand oder Papier arrangiere und anordne. Hierbei ist meine besondere Technik, dass ich alles mit der Hand aufnähe – egal, ob es so kleine Teile sind wie einzelne Reiskörner oder so große, schwere Dinge wie Eisenteile. Durch diese extrem langsame Arbeitsweise hole ich den Aspekt „Zeit“ in meine Arbeit, denn automatisch fragt man sich, wie lange eine Arbeit wohl gedauert haben mag. Die Zeit wird richtig spürbar in meinen Werken. Zum Teil ergänze ich diese Werke mit der Technik der Zeichnung, die einen verspielten, verzauberten Aspekt in die Arbeiten bringen.

Welche Themen spielen in Ihren Bildern eine Rolle?
Es gibt zwei Hauptthemen, die mich besonders beschäftigen: Details und Wandel. Ich möchte dadurch, dass ich zum Teil sehr ähnliche Dinge hundert- oder tausendfach nebeneinander arrangiere, den Blick auf kleinste Details lenken. Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, dass wir die Natur und die Dinge um uns herum bewusst wahrnehmen. Denn nur was wir überhaupt kennen, kann auch einen Wert für uns haben, nur das ist für uns schützenswert. Damit eng verwandt ist auch mein zweites Hauptthema: Der Wandel. Denn alles ändert sich. Alles. Immer. Das möchte ich zeigen, indem ich Dinge zusammenstelle, die sich verändert haben. Und so lenke ich den Blick auch wiederum auf die Einzelheiten und Kleinigkeiten. Daher ist, wie vorhin gesagt, der Aspekt der Zeit für mich so wichtig.

Haben Sie einen Lieblingskünstler?
Friedensreich Hundertwasser, der sein Leben, die Kunst und die Natur miteinander vereint hat und dabei seinen völlig eigenen Stil geschaffen hat, den er konsequent, von Zeichnungen über Malereien bis hin zu Architektur, durchgezogen hat wie sonst wohl kaum jemand. Und Karin Kneffel, die auch einen ganz besonderen Blick auf Details hat, diesen aber so ganz anders umsetzt als ich.

Haben Sie ein Lebensmotto oder Zitat?
„Bitte darum, dass Du den Bus erwischst, und dann renne so schnell Du kannst“  von Julia Cameron. Dieser Satz hat mich nachhaltig beeinflusst. Es beinhaltet das tiefe Vertrauen, dass vieles machbar ist – allerdings nur, wenn ich meinen Teil dazu beitrage, wenn ich mich mit allen mir möglichen Kräften dafür einsetze.

Und natürlich: „Das einzig beständige ist der Wandel“. Es fasziniert mich, das einfach gar nichts bleibt, wie es ist und dass es uns Menschen so schwer fällt, diese allgemeine Wahrheit zu akzeptieren. Wir versuchen immer alles festzuhalten und kommen mit Veränderungen, die uns selbst, unsere Beziehungen, unsere Umwelt und alles betrifft, so schwer klar. Obwohl es doch das einzig wirklich Voraussehbare ist!

Welches Bild würden Sie gern als Original besitzen und warum?
Natürlich würde ich zu gern die Möglichkeit haben, eine große Malerei von Hunderwasser im Original täglich sehen zu können! Ansonsten gibt es eine junge deutsche Künstlerin, Susanna Bauer, die bezaubernde Dinge mit ganz normalen Blättern macht; von ihr würde ich gern eines Tages ein Werk erstehen wollen.

Haben Sie Pläne für die Zukunft?
Ich habe den ganz einfachen Wunsch noch viele, viele Jahre Kunst zu machen. Und wenn ich dadurch bewirken könnte, dass ein paar Menschen die Natur anders wahrnehmen und kleinste Dinge neu schätzen, dann wäre es für mich das Schönste! Da ich meine Kunst als politische Kunst verstehe, freue ich mich darauf, sie in Zukunft vielleicht mal auch in ungewöhnlicher Umgebung zu sehen. Und das Allerschönste: wenn meine Kunst zu tiefen Gesprächen und ernsthaftem Austausch führt – davon kann ich nie genug kriegen!

Weitere Arbeiten finden Sie auf: stephanie-huellmann.com

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Dieses Künstlerportrait und weiter Fotos erschienen auf der Webseite der Galerie Esfandiary, die es heute leider nicht mehr gibt. Es ist auch auf der Webseite des Fotografen Matthias Mensch zu finden.