Silberbesteck, fünf Generationen, gemaltes Tischtuch, festgenäht auf Leinwand

 

Es scheint ein Phänomen zu sein, das es in vielen Familien gibt: Familienschätze, die man nicht wegwerfen möchte, die aber dennoch nur ein einsames, dunkles, verstaubtes Leben in Schubladen, Truhen oder Kisten fristen. Die Rede ist hierbei nicht nur von Fotos, die zumeist nicht von großem Wert sind, oder Haarlocken, Kinderzähnen, Briefen oder Hochzeitsschuhen. Es geht um so Wervolles wie alten Schmuch. Oder um  Familiensilber. Wie in dieser Arbeit.

Kannst du damit was anfangen?

Ich bekam eine alte, schmuddelige Sporttasche, die achtlos irgendwo auf dem Dachboden gelegen hatte. Schon vernichtet werden sollte. Oder wenigstens zum Flohmarkt gebracht werden. Mein Thema sei ja der Wandel. Ob ich hiermit was anzufangen wüsste. Beim neugierigen Durchschauen der einzelnen Teile stellte ich fest, dass ich Unglaubliches vor mir hatte. Silberbesteck mit Datum aus dem 17. Jahrhundert. Und Löffel aus der Kriegs- oder Nachkriegszeit, die vollkommen runtergeraspelt waren, offensichtlich von immer derselben Kurve in immer derselben Schüssel. Wir haben dann errechnet, dass es Familienbesteck von circa fünf Generationen sein muss. Gänsehaut.

Weg von der weißen Leinwand

Noch nie hatte ich mit so einem Material gearbeitet. Und tat mich am Anfang schwer. Es war einerseits sehr groß und schwer, um es an einer Leinwand anzubringen. Und andererseits nicht genügend Teile, um allein durch die Anzahl zu wirken. Ich arrangierte hin und her. Alles wirkte steril und langweilig auf der weißen Leinwand. Und irgendwie durcheinander und ohne Flair. Nach einiger Zeit löste ich mich von meinem sonst so wichtigen Mandala-Ansatz und setzte visuelle Schwerpunkte – oben einen Fächer, unten eher rechtwinklig. So bekam die Arbeit Spannung, das fing an mir zu gefallen. Aber steril wirkte es dennoch.

Dann wechselte ich zu einer Natur belassenen Leinwand. Schon besser. Durch die Farbe bekam es Leben, begann zu atmen. Aber dennoch, irgendwie war es immer noch zu öde. Bis ich dann DIE Idee bekam! Unter das Besteck gehörte ja das, was unter Besteck meist zu finden war – eine Tischdecke! Da das Besteck zum Teil edelstes Silber war und zum Teil aber einfachstes Blech, wählte ich eine Mischung: das Tischtuch wirkte wie ein einfaches Handtuch, war aber umrandet von edler Spitze. Beim aufwändigen Zeichnen der Spitze spürte ich immer mehr, dass das Leben zurück gekehrt war in diese Ansammlung von Familienbesteck. Und dieses Leben wollte wieder teilhaben am aktuellen Familienalltag. Eine geschlossene Spitzenumrandung könnte wie eine Grenze wirken und diese beiden Leben voneinander trennen. Und so ist die weiße Spitze immer wieder unterbrochen.

Die Arbeit ist, mit Rahmen, knapp über 100 cm x 100 cm groß und hängt nun zu Kopf des Familientisches. Tradition und aktuelles Leben harmonisch vereint. Und das i-Tüpfelchen: ein Löffel oder eine Kelle aus der Sammlung wurde behalten, um aktiv am Essen wieder teilzunehmen. Gänsehaut, schon wieder.

Silberbesteck, fünf Generationen, gemaltes Tischtuch, festgenäht auf Leinwand